Am 8.9. berichtete die Lokalzeit Bielefeld über die Schließung des Kurzzeitpflegehauses Die Arche.
Eine Teilnahme vor der Kamera hatten wir der Redaktion bereits im Vorfeld abgesagt.
Wir haben aber schriftlich auf die Fragen der Redaktion geantwortet. Leider fanden sich diese Antworten in der Berichterstattung nicht wieder, weswegen wir s.u. den Austausch mit der Redaktion unbearbeitet posten.
Zunächst möchten wir an dieser Stelle aber vor allem zwei Aspekte der Berichterstattung aufgreifen und richtigstellen:
wertkreis Gütersloh bietet keinen unter 18-jährigen Menschen Kurzzeitpflegeplätzen im Altenzentrum Wiepeldoorn an.
Wir haben der Redaktion im telefonischen Vorgespräch am 7.9.23 erklärt, dass es sich bei dem Angebot eines Kurzzeitpflegeplatzes im Altenzentrums Wiepeldoorn für ehemalige Gäste der Arche um ein Angebot für Menschen über 18 Jahren handelt. Es ist auch schlicht nicht zulässig, minderjährige Menschen in einer Einrichtung zu betreuen, die für erwachsene Menschen gedacht ist. Die Trennung von Einrichtungen für Kinder und Erwachsene mit Behinderung ist eine wichtige Maßnahme, um den Schutz, die Bedürfnisse und die Würde der Bewohner in jeder Altersgruppe zu gewährleisten. Auch beim Treffen mit dem Kreis Gütersloh, Elternvertretern und dem LWL, wurde protokollarisch festgehalten, dass wir diese Plätze nur Menschen über 18 Jahren anbieten. Auch mehrere Schreiben an die Eltern enthalten diese Information. Zur Erklärung, warum wir das u.a. nicht anbieten können:
Ein Schutzkonzept bezüglich Gewalt muss berücksichtigen, dass erwachsene Menschen mit Behinderung nicht in derselben Einrichtung wie Kinder mit Behinderung untergebracht werden können, aus folgenden Gründen:
Erneut wurde die Behauptung aufgestellt, die wirtschaftliche Situation der Arche sei auf Elternseite niemandem bekannt gewesen. Das ist belegbar falsch.
Diese Tatsache haben wir der Redaktion im Vorfeld schriftlich mitgeteilt. Uns liegen etwa Protokolle des Fördervereins "Freunde der Arche" vor, die belegen, dass die Situation bereits am 8.4.22 nicht nur von Seiten des wertkreis' klar angesprochen wurde. Von Seiten der Elternvertreter*innen hieß es dazu unmissverständlich, dass die schlechte Belegungssituation bereits seit langem bekannt sei. Das entsprechende Zitat aus dem Protokoll der Vereinssitzung findet sich weiter unten.
In der Folge haben wir die vollständige Anfrage der Redaktion und unsere Antworten noch einmal aufgeführt, um den Vergleich zum Bericht zu erleichtern und ggf. entstandene Fragen zu klären:
Hallo Herr (NAME ENTFERNT),
danke für Ihre Fragen, die wir wie folgt beantworten möchten:
Sie hatten gefragt:
Eltern sprechen von einem despektierlichem Verhalten angesichts der kurz vor den Sommerferien angekündigten Schließung der Arche zum Jahreswechsel. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Wir antworten:
Es tut uns leid, dass der Zeitpunkt der Information als „despektierlich“ empfunden wird. Tatsächlich haben wir zu dem genannten Zeitpunkt informiert, gerade weil wir es als falsch empfunden hätten, die Information zur Entscheidung des Aufsichtsrates zurückzuhalten. Das wäre unfair gegenüber der Belegschaft und den Gästen gewesen. Wir möchten darum die Gegenfrage stellen: Wie wäre es empfunden worden, wenn wir die Information zur Entscheidung des Aufsichtsrates über einen längeren Zeitraum gegenüber Gästen und Belegschaft geheim gehalten hätten? Wir haben umgehend und transparent informiert, damit alle Beteiligten so früh wie möglich wissen, wo der Weg hinführt. Den zeitlichen Ablauf finden Sie in der Stellungnahme auf unserer Internetseite: Stellungnahme und häufig gestellte Fragen zur Situation der Arche (wertkreis-gt.de).
Sie hatten gefragt:
Die Eltern stellen die von Ihnen angeführte Nicht-Auslastung der Kurzzeitpflege im Abrede und verweisen u.a. auf volle Förderschulen. Was sagen Sie dazu?
Wir antworten:
Der Vorwurf ist uns bekannt. Auch hierzu haben wir bereits bei anderen Medienanfragen, Stellung genommen. Zu einer dieser Anfragen finden Sie an dieser Stelle mehr: Stellungnahme und häufig gestellte Fragen zur Situation der Arche (wertkreis-gt.de). Ergänzend zur Stellungnahme auf unserer Internetseite möchten wir erneut betonen:
Die fehlende Auslastung ist Fakt. Wir sind verpflichtet unsere Leistungen, die Auslastung und den Personalschlüssel gegenüber den Kostenträgern, gegenüber unserem Aufsichtsrat, den Gesellschaftern und auch gegenüber den unabhängigen Prüfgremien, wie dem medizinischen Dienst der Krankenkassen oder auch dem TÜV Nord, ausweisen. Es handelt sich hierbei also um keine gefühlte Wahrheit, sondern um geprüfte Zahlen. Wir sind als gGmbH kein Unternehmen, das gewinnorientiert handelt. Eine sich finanziell auskömmlich tragende Arche wäre somit alles, was wir von unseren Angeboten erwarten müssen, um der gesetzlichen Auflage, verantwortungsvoll mit öffentlichen Geldern umzugehen, nachzukommen. Das ist bei der Arche nicht der Fall.
Im Detail: Die Arche ist konzeptionell für 6-18-jährige Menschen mit Behinderung im Kreis Gütersloh konzeptioniert und refinanziert. 2023 hatten wir insgesamt 42 Gäste aus dem Kreis Gütersloh. 19 dieser Gäste erfüllen die altersgemäße Vorgabe, die anderen sind zum Teil weit über 18 Jahre alt und haben die Arche nur noch aufgrund von Ausnahmeregelungen besuchen können. Wir benötigen eine durchschnittliche Auslastung der Arche von neun Plätzen (von 15 Möglichen), um kostendeckend arbeiten zu können, das entspricht etwa 80%. Selbst in den sonst am stärksten nachgefragten Sommermonaten hatten wir in diesem Jahr nur 69% Auslastung, im Vorjahr waren es in der Spitze noch 74% im Sommer. Im Mittel liegen wir in diesem Jahr bei 64 % Auslastung. Also: Es gibt zu wenig Gäste. Mehr als die Hälfte dieser Gäste darf nur noch ausnahmsweise in der Arche betreut werden. Es kommen von den altersgemäßen Kurzzeitpflegen kaum neue Gäste dazu, während das Stammklientel ebenfalls die Altersgrenze überschreitet.
Zum Verweis auf die Förderschulen: Zu den Förderschulen ist zu sagen, dass unsere Pflegedienstleitung regelmäßig im Kontakt mit Kitas und Förderschulen war und hier auch informiert hat. Den Schulen ist die Einrichtung, aufgrund ihres langen Bestehens, wohlbekannt. Zudem nutzen wir auch die eigenen Netzwerke, da wir ja ebenfalls sehr viel Kontakte in die Zielgruppe haben: Wir sind kreisweit für 1500 Menschen mit Behinderung da, unterstützen weitere 300 Menschen mit Behinderung in eigener Häuslichkeit oder in besonderen Wohnformen, führen zudem drei integrative Kindertageseinrichtungen. An allen dreißig Einrichtungen im Kreis Gütersloh haben wir auf die Leistungen der Arche stets hingewiesen – auch gegenüber Angehörigen: per Infomailing, Newsletter, in Jahresberichten, Postings und vielem mehr. Die Treue der nun verärgerten Arche Eltern ist in keinster Weise in Abrede gestellt. Gäbe es mehr Interessierte wie sie, würde das Angebot noch bestehen.
Sie hatten gefragt:
Eine geplante Werbeaktion für neue Besucher wurde abgelehnt, angeblich mit der Begründung, dass dann noch mehr Kinder kommen würden. Was sagen Sie dazu?
Wir antworten:
Davon ist uns nichts bekannt. Unser Ziel war es ja im Gegenteil, die Auslastung zu erhöhen. Darum wäre es in höchstem Maße unsinnig, zielführende Maßnahmen mit einer solchen Begründung abzulehnen. Tatsächlich gab es in den vergangenen Jahren zahlreiche, unterschiedliche Werbeaktionen: Die Pflegedienstleitung der Arche war regelmäßig in Kontakt mit den Kitas und Förderschulen, wie s.o. beschrieben, dazu kamen die internen Werbemaßnahmen, da wir ja den Kontakt zu Menschen in der Zielgruppe haben. Wir haben regional und kreisweit Image- und Werbeanzeigen in Printprodukten sowie Anzeigen in den sozialen Medien zur Arche geschaltet. Auch ein Imagefilm wurde realisiert und regelmäßig ausgespielt. Wir waren noch im Januar in Kontakt mit Jugendämtern, um ggf. auch Inobhutnahmen von Kindern mit Handicap zu ermöglichen und auf diese Weise die Belegung zu steigern. Leider ließ sich das nicht realisieren. Das Team unserer wertkreis-Kitas war Anfang des Jahres ebenfalls noch in der Arche, um die Kita-Teams noch stärker dafür zu sensibilisieren, Eltern eine Buchung in der Arche zu empfehlen. Selbst im Freundeskreis wurde darum gebeten, auch auf Sommerfesten u. Ä. gern für die Arche zu werben.
Sie hatten gefragt:
Zur nicht ausreichenden Finanzierung: Wenn dieses Problem seit Jahren bekannt sei – warum sei nicht früher mit Eltern Kontakt aufgenommen worden, um an einer Lösung zu arbeiten. Sie seien auch teilweise bereit gewesen Zuzahlungen zu leisten. Was sagen Sie zu diesem Argument?
Wir antworten:
Zur Frage, warum man hierzu nicht früher mit den Eltern in den Kontakt gegangen sei: Es erscheint uns unwahrscheinlich, dass über die Unterbelegung nie gesprochen worden ist. Vielmehr betonen auch langjährige Mitarbeitende, auf unsere Nachfragen, es sei in den vergangenen Jahren in vielen Gesprächen kommuniziert worden, dass die Belegung ein Problem sei. Wir haben hierzu auch einmal die Protokolle des Freundeskreises „Freunde der Arche“ gesichtet, in dem sich die meisten Arche-Eltern engagieren, und sind zu dem Schluss gekommen, dass das Thema der finanziellen Situation der Arche bereits am 8.4.22 beim Treffen des Fördervereins nachweislich benannt und auch diskutiert wurde. Wir zitieren aus dem Protokoll vom 8.4.22., das uns vorliegt und das wir unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten ggf. heute noch selbst veröffentlichen werden.
Hier heißt es unter Punkt 2: „2. Reflektion der Ebbe und Flut Zeit Frau (NAME ENTFERNT) berichtet über die Ebbe und Flut Zeit.Sie erklärt wie es dazu gekommen ist und Frau DBV erklärt die jetzige Finanzielle Lage der Arche. Seit Eröffnung wurde die Arche nicht refinanziert. Um die Arche wieder besser finanziell aufzustellen, berichtet sie über mögliche Lösungen und bittet um Mithilfe/Lösungsvorschläge. Der Förderverein kennt dieses Problem der Arche, laut (NAME ENTFERNT).“
Zum Thema freiwilliger Zuzahlungen: Vorausschicken muss man hier, dass der wertkreis nicht ohne Weiteres, Zuzahlungen erheben kann. Das ist in kostenträgerfinanzierten Systemen zunächst einmal sehr ungewöhnlich. Idealerweise schafft man hierzu ein ergänzendes Angebot. An einem Beispiel sieht man, wie schwer die Umsetzung eines Solchen sein kann: Unsere Leitung des Wohnbereichs hat Ende 2022 u.a. folgende Idee angeboten: Eine Art Tagesbetreuung sollte in der Arche realisiert werden. Dieses Angebot sollte Angehörige bei Arztterminen, Behördengängen o.Ä. stundenweise entlasten. Da das Angebot nicht refinanziert ist, haben wir hier eine Zuzahlung von 30 Euro / Stunde vorgeschlagen. Das wurde vom Förderverein mit Hinweis auf die hohen Kosten abgelehnt. Eine vollkommen legitime Reaktion, da es sich hierbei ja um eine individuelle Planung der eigenen Gelder handelt. Aber eben auch ein Hinweis darauf, wie schwer es sein kann, solche Zuzahlungsangebote herzustellen, die für eine größere Gruppe von Menschen passen bzw. bezahlbar sind.
Grundsätzlich: Der Hinweis der Eltern zeigt einmal mehr das große Engagement für die Arche. Aber jede Aktion, Spende oder Unterstützung wäre nur ein Pflaster auf eine größere Wunde. Denn was ändert eine zusätzliche finanzielle Zuwendung an den strukturellen Problemen der Einrichtung? Es fehlen Anmeldungen von Kindern aus dem Kreisgebiet. Mittlerweile haben wir im Jahr mehr Gäste von außerhalb des Kreisgebiets und aus ganz NRW als aus dem Kreis Gütersloh. Dazu kommt: Die meisten langjährigen Stammgäste erreichen die Volljährigkeit und werden mittelfristig in der Arche, die ja ein Angebot für Kinder und Jugendliche darstellt, nicht mehr versorgt werden können, weil sie bereits über 18 sind. Nochmals: Auch das große Engagement der Eltern kann und konnte die bestehenden Probleme leider nicht lösen.
Sie hatten gefragt:
Zur Schließung des Hauses hätten auch fadenscheinige Gründe und Lügen des Wertkreises beigetragen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Wir antworten:
Ihre Frage ist in dieser Form nur unzureichend zu beantworten. Was wirft man uns konkret vor? Wir haben bei Ihren vorherigen Fragen ja bereits dargelegt, warum die Einrichtung in dieser Form nicht weiter fortgeführt werden konnte. Auf unserer Webseite finden Sie zudem eine Erklärung, dass der wertkreis Gütersloh - in der Folge der Ankündigung der Schließung - den Betrieb der Arche aufgrund von hohem Krankenstand, personellen Wechseln und einem daraus resultierenden mangelnden Fachpersonal zurzeit nicht aufrechterhalten kann. Grundsätzlich gilt: Die Schließung der Arche ist eine schwere Entscheidung gewesen. Wir sind im wertkreis über ein Jahr lang immer wieder Alternativen, Nutzungserweiterungen und Szenarien durchgegangen, haben mit den Kostenträgern und Kassen gesprochen. Wir haben aktive Vergleiche zu anderen Einrichtungen mit ähnlichen Konzepten vorgenommen und haben auf vielen, vielen Wegen versucht, das Angebot zu erhalten. Am Ende bleibt der Fakt, dass das Angebot der Arche nicht mehr weitergeführt werden kann, weil es nicht so gestaltet werden kann, dass sich das Angebot kostenneutral trägt und auch in Zukunft nicht tragen wird. wertkreis Gütersloh hat daraufhin entschieden, auf dem Gelände der Arche in Zukunft ein neues Angebot für Menschen mit Behinderung zu schaffen.